Time is all around...

Sonntag, 2. September 2012

Unter einer Menge Staub

Liebes Tagebuch.

Ich kann nicht mit diesem ganzen Dreck in mir leben. Es fühlt sich wirklich an, als wäre da so viel Staub und Dreck. Als wär alles in meinem Inneren aus einer weit entfernten Vergangenheit, an die ich mich kaum erinnern kann.
Die meiste Zeit fühle ich all dies nicht. Ich fühle mich manchmal leer und traurig, aber ich fühle seehr sehr selten, was ich gerade fühle. Dieses Gefühl taucht immer nur in meinen Träumen auf, vermischt sich mit Ereignissen und merkwürdigen Situationen, aber taucht eben so gut wie nie in der Realität auf. Ich fühle es in meinen Träumen und es ist immer das selbe Gefühl nur eben mit anderen Bildern.
Es fühlt sich so tot und verstaubt an.. aber eben so, als würde ich mich an ein früheres Leben erinnern. Als würde ich mit der Hand über ein verstaubtes Buch streichen, den Staub davonpusten und das Buch langsam aufklappen. Es ist meine Geschichte.

Irgendwie bin ich begraben unter Staub. Unter kiloweise Staub.
So sehr, dass ich mich nicht mehr darunter finden kann. Und eben in wenigen wenigen Momenten, fühle ich mich plötzlich und muss weinen, weil es mich zu sehr mitnimmt.
Es ist hart, sich selbst nie zu "fühlen" und dann plötzlich dieses Kind wieder mit einem zu verbinden und zu verstehen, dass man dieses Kind ist, und nicht bloß die leere Hülle.
Dass man dieses Kind nicht einfach im Regen hat stehen lassen und weggelaufen ist.
Nein, dass man es mitgenommen hat, aber eben unter einer Menge Staub auf einem muffigen Dachboden begraben hat. Es liegt dort still. Neben einem verstaubten mit Spinnennetzen umwobenen Bücherregal, in der Nähe eines kleinen Fensters. Durch das milchige Fensterglas kommen ab und zu ein paar Sonnenstrahlen herein und fallen auf den Staub und lassen ein paar Spinnenweben glitzern.

Ja, da liegt das Kind. Unter einer Menge Staub. Die Augen geschlossen. So gut bedeckt, dass niemand es entdecken würde, und so gut versteckt, dass niemand es je suchen würde. Niemand kommt darauf auf einem Dachboden nachzusehen. Niemand.

Die Holzlatten sind verstaubt... alles sieht so verlassen und tot und still aus. Auch wenn es keine beunruhigende Stille ist. Nein, es ist eine merkwürdig friedvolle Stille.


In mir drin ist so viel Staub und in manchen Momenten fühle ich das Kind unter dem Staub und ich will es an mich reißen und sagen: NEIN! Du bist nicht verloren. Du bist bei mir. Du gehörst zu mir.

Doch dann verschwindet es wieder. Es lässt meine Hand langsam los. So, als wollte es mir Auf Wiedersehen sagen und mir mitteilen, dass es mich nicht haben will. Dass es zu einer anderen Zeit, zu einem anderen Ort, zu einer anderen Geschichte gehört. Nicht zu mir.
Es dreht seinen Kopf, guckt mich stilltraurig an und verschwindet langsam.
Ich kann diesen Blick aus den grün-braunen Augen nicht vergessen.
Die flachsblonden Haare zu einem Zopf zusammengebunden.
Still verschwindend.

Alles hier ist traurig.
Und verstaubt.




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